Abb. 2: Stadtkirche Bückeburg, Fassung und Vergoldung der Uhr. Musterfläche zur Visualisierung der geplanten Fassungsrekonstruktion mit Blattgold und schwarzen Rücklagen.

Abb. 3: Stadtkirche Bückeburg, Fassung und Vergoldung der Uhr. Detail mit Ziffern und Zeiger während der Restaurierung.

Abb. 4: Stadtkirche Bückeburg, Fassung und Vergoldung der Uhr. Detail mit Ziffern und Zeiger nach der Neufassung.

Abb. 5: Stadtkirche Bückeburg, Fassung und Vergoldung der Uhr. Detail während der Restaurierung.

Abb. 6: Wappen an der Stadtkirche Bückeburg, Vorzustand 2014.

Abb. 7: Daniel Freeses »Landtafel« von 1588, Schloss Bückeburg. Wappen des Schaumburger Grafen Adolf.

Abb. 8: Wappen Schaumburgs in Siebmachers »Wappenbuch« von 1605, hier entnommen einer Auflage aus dem 18. Jahrhundert.

Abb. 9: Entwurf zur Rekonstruktion der Farbigkeit des Wappens an der Bückeburger Stadtkirche.

Die Restaurierung der farbigen Zierelemente an der Fassade der Bückeburger Stadtkirche

Uhr und Inschrift an der Westfassade sowie Krone und Wappen über dem Hauptportal sind seit Erbauung der Kirche durch ihre farbige Gestaltung hervorgehoben. Mittlerweile waren die schon mehrfach überarbeiteten Farbfassungen stark reduziert und in Teilen kaum noch zu erkennen.

Im Rahmen der Fassadenrestaurierung der Bückeburger Stadtkirche wurden diese Teile der Bauzier konserviert und mit einer neuen, farbigen Fassung auf historischer Grundlage versehen.

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Uhr und Inschrift
Die Uhr befindet sich im Obergeschoss der Westfassade. Die quadratische Ziffernblattrahmung füllt das Mittelfeld und wird von einem Dreiecksgiebel bekrönt. In die Zwickel zwischen rundem Ziffernblatt und Rahmen sind Herzmuscheln gesetzt. Das äußere Ziffernblatt ist mit römischen Zahlen von Eins bis Zwölf versehen, das innere trägt die römischen Zahlen Eins bis Vier.

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Wie die ursprüngliche Farbigkeit der Uhr aussah, ist nicht bekannt. Spätestens seit 1875 war das Ziffernblatt schwarz gefasst.1 Schon zur 100-Jahrfeier 1715 ist eine Vergoldung der Zeiger genannt.2 Sämtliche historische Fotografien zwischen Anfang des 20. Jahrhunderts und 1960 zeigen dieselbe Farbigkeit: schwarzes Ziffernblatt mit vergoldeten Zahlen, Zeigern und Muscheln.3 Die aktuelle Neufassung orientiert sich an diesem Befund. Die vor der Restaurierung sichtbare Fassung mit Blau und Rot gelangte erst 1965 zur Ausführung.4

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Der Fries im Abschlussgebälk des Hauptgeschosses ist mit einer bauzeitlichen Inschrift versehen: EXEMPLUM RELIGIONIS NON STRUCTURAE. Die Buchstaben sind schwarz gefasst, nur die Anfangsbuchstaben sind vergoldet. Aus ihnen ergibt sich der Name des Bauherrn ERNSt. Auch diese Farbigkeit existiert spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts.

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Auf dieser Grundlage erhielten Uhr und Inschrift im Zuge der aktuellen Restaurierung ihre rekonstruierende Neufassung. Zunächst wurden die historischen Fassungsreste gereinigt und die Oberfläche mit einer Acryldispersion gefestigt. Risse und offene Fugen wurden mit Kalkmörtel geschlossen. Die schwarze Fassung erfolgte mit Acrylfarben. Für die Vergoldung kam extra starkes Doppelgold mit 23,75 Karat zur Anwendung. Das hauchdünne Blattgold wurde auf einer Acrylmixtion (eine spezielle Grundierung für Vergoldungen) angeschossen.

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Wappen
Das Wappen von Fürst Ernst entspricht dem seines Vaters Otto IV. Beide waren Grafen zu Holstein, Schaumburg und Sternberg und Herren zu Gemen.

Das schaumburgische Wappen setzt sich aus den damaligen Herrschaftsbereichen zusammen. Neben dem Schaumburger Nesselblatt finden sich Elemente des holsteinischen, Sternberger und Gemener Wappens. 1377 gelangte die Grafschaft Sternberg in den Besitz der Schaumburger und deren Wappen, bestehend aus zwei Sternen, wurde mit dem Schaumburger Wappen vereinigt. Graf Johann IV. von Schaumburg und Holstein-Pinneberg erhielt durch die Ehe mit Cordula von Gehmen (heute: Gemen) diese Herrschaft 1476. Damit kam das gemische Wappen in Form eines roten Balkens mit drei silbernen Pfählen hinzu.5

Die Farbigkeit des Wappens verdient besonderes Augenmerk, da es sich hier um ein Dokument mit politischen, historischen und heraldischen Inhalten handelt. Wappenfarben sind genauso wie die Wappenelemente festgelegt und haben spezifische Bedeutung. Zugelassen sind Gold und Silber, Schwarz, Rot, Grün, Blau, Purpur. Erst in der Neuzeit wurden manchmal Gold und Silber durch Gelb und Weiß ersetzt.

Auf dem Wappen sind viele Reste der historischen Fassungen erkennbar. Die jüngsten stammen von 1965 aus der letzten großen Renovierungsphase, die ältesten vermutlich aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Bei der umfassenden Restaurierung um 1895 wurde die Fassade gereinigt und wohl von allen älteren Anstrichen befreit. So haben wir es heute mit einem fragmentarischen Mischbestand zu tun, dessen einzelne Schichten nicht ohne weiteres voneinander zu trennen und einzelnen Bauphasen zuzuordnen sind. Da die Farbigkeit der einzelnen Wappenteile über die Jahrhunderte deutliche Unterschiede zeigt, lohnte sich an dieser Stelle eine ausführlichere Recherche.

Die Auswertung historischer Quellen erbrachte interessante, neue Erkenntnisse und es ließ sich feststellen, dass man Ende der 1950er Jahre offenbar bereits mit derselben Fragestellung zu tun hatte. Zu dieser Zeit stellte der Verein für schaumburg-lippische Geschichte Nachforschungen zur ursprünglichen Farbgebung des Schaumburger Wappens an. Letztlich scheint der Verein zu dem Schluss gekommen zu sein, die Farbigkeit nach Siebmachers Wappenbuch aus dem 17. Jahrhundert zu übernehmen. Beschrieben wird sie folgendermaßen: Das erste und vierte Feld mit rotem Stern auf goldenem Grund, das zweite und dritte Feld mit drei goldenen Pfählen in rotem Feld auf silbernem Grund, ein silbernes Nesselblatt mit drei silbernen Nägeln auf rotem Grund, der Herzschild geteilt in silber und rot.6 Wahrscheinlich wurde diese Fassung 1965 ausgeführt. Heute noch sichtbar sind jedenfalls die Rotfassung der Sterne und die Vergoldung der Rücklagen.

Dass dies nicht immer die Farbigkeit des Wappens war, beweist eine Erwähnung des Stadthäger Superintendenten Hauber von 1728, der mit seinem Werk Primitae Schaumburgicae7 die Geschichtsschreibung des Fürstentums begründete. Er beschreibt, dass die Sterne im ersten und vierten Feld vergoldet seien. Jedoch bezweifelt Hauber die Richtigkeit der farbigen Gestaltung; sie entspräche nicht der eigentlichen Farbigkeit im Schaumburger Wappen. Vielmehr gehörten die goldenen Sterne zum Schwalenberger Wappen und fänden sich somit nur im Wappen der Lippischen Linie. Zum früheren Schaumburger Wappen gehörten hingegen die roten Sterne der Grafschaft Sternberg. Ob es sich hierbei um eine Ausführung nach dem Wunsch Fürst Ernsts oder um einen Irrtum der Maler handelte, lässt Hauber offen.8 Die von ihm angetroffene Farbigkeit könnte aber bereits eine Überarbeitung zur 100-Jahrfeier der Stadtkirche 1715 sein. Auch historische Fotografien, die zwischen 1940 und der Restaurierung 1965 aufgenommen wurden, zeigen deutlich, dass die Sterne vergoldet waren.9

Wie also sah die ursprüngliche Farbgebung zur Erbauungszeit der Kirche aus?

Dolle, ein Historiker des 18. Jahrhunderts, beschreibt das Wappen anhand der Abbildung aus der Chronik Spangenbergs von 161410: »Das erste und vierte Feld ist gülden und darin ein rother Stern, als das Sternbergische Wappen anzutreffen. Das zweite und dritte Feld ist gleichfalls gülden und fasset vier rothe und drei silberne Balken, als das Gehmische Wappen in sich. In der Mitte, oder dem Herzschildlein dieser vier Felder, stehet das weise Nesselnblat, als das eigentliche Schaumburgische Wappen, im rothen Felde, an dessen Spitzen oben zwei, und unten ein silberner Nagel mit dem Kopf herausgeht.«11

Auch bei Hauber heißt es: »Das erste und vierte Feld aber waren golden, hatten einen roten Stern, das Wappenzeichen der Grafschaft Sternberg. Das zweite und dritte waren ebenfalls golden, enthalten die vier roten und drei silbernen Balken von Gehmen. Diesem war in der Mitte das schaumburgische Nesselblatt wie jetzt aufgeheftet.«12

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Zeitgenössische Darstellungen aus dem 17. Jahrhundert sind rar, jedoch findet sich im Bückeburger Schloss die sogenannte Landtafel der Grafschaft Holstein, gemalt von Daniel Freese 1588. Eine darin enthaltene Darstellung zeigt Graf Adolf mit seinem Wappen. Eine Entsprechung dieses Wappens mit ähnlicher Farbgebung zeigt auch Siebmachers Wappenbuch von 1605.13 Aus diesen beiden Quellen geht hervor, dass das Wappen die Farben Gold, Silber und Rot kombiniert. Während aber im Wappenbuch die Rücklagen nicht farbig (d. h. weiß = silbern) und die Pfähle golden sind, zeigt die Landtafel Pfähle in Silber und Rücklagen in Gold.

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Eine weitere zeitgenössische Quelle, die Karte des Gebietes zwischen Hamburg und Lüneburg, datiert 1568/69, bildet neben Stadtansichten auch Wappen ab.14 Hier sind die Balken rot mit weißen Pfählen, die Sterne rot dargestellt. Der innere Schild ist rot, Nesselblatt und Herzschild weiß. Eine Angabe des Staatsarchivs Münster von 1959 beschreibt das Gemensche Wappen genauer: »In goldenem Feld ein roter mit drei silbernen Pfählen belegter Balken.«15

Der Vergleich der historischen Quellen legt nahe, dass die ursprüngliche Farbigkeit des Wappens an der Bückeburger Stadtkirche der auf der Landtafel Daniel Freeses gleichzusetzen ist. Unter Einbeziehung des Fürsten Alexander zu Schaumburg-Lippe kamen die Baubeteiligten zu dem Schluss, diese Fassung bei der aktuellen Restaurierung zu rekonstruieren.

Dr. Stefanie Lindemeier und Larissa Piepo

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¶1 vgl. Albrecht, Thorsten: Die Bückeburger Stadtkirche, Petersberg 1999, S. 39. ¶2 ebd., S. 39, S. 172. ¶3 vgl. Bildarchiv Foto Marburg. ¶4 Albrecht, Thorsten, op. cit., S. 195 f. ¶5 vgl. Dolle, Carl Anton: Kurzgefaßte Geschichte der Grafschaft Schaumburg, Stadthagen 1756, S. 215. ¶6 vgl. Niedersächsisches Landesarchiv Bückeburg, Dep. 11, Acc. 12/87, Nr. 65, S.17. Beschreibung des Wappens vom 05.02.1959. ¶7 Hauber, Eberhard David: Primitiae Schauenburgicae, Wolfenbüttel 1728, vgl. NLA Bückeburg, Dep. 11, Acc. 12/87, Nr. 65, S.15. ¶8 ebd. ¶9 vgl. Bildarchiv Foto Marburg. ¶10 vgl. Spangenberg, Cyriacus: Chronica der Grafen von Holstein-Schaumburg, Stadthagen 1614. ¶11 Dolle, Carl Anton, op. cit., S. 215. ¶12 Hauber, Eberhard David, op. cit., S.15. ¶13 vgl. Johann Siebmachers Wappenbuch, Nürnberg 1605, 1705, 1870. ¶14 vgl. Niedersächsisches Landesarchiv Hannover, Kartenabteilung, Nr. 30/21g. ¶15 Niedersächsisches Landesarchiv Bückeburg, Dep. 11, Acc. 12/87, Nr. 65, S.4. Schreiben des Staatsarchivs Münster an den Verein für schaumburg-lippische Geschichte in Bückeburg vom 12.01.1959.